Grafikkarten-Krise bald vorbei? Ethereum-Update schränkt Mining ein

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(Bild: Zipso)

Das Ethereum-Update EIP-1559 soll Mining deutlich unprofitabler machen. Die Folge: Grafikkarten von AMD und Nvidia könnten günstiger werden.

Ethereum hat den GPU-Markt fest im Griff

Die Grafikkarten-Knappheit setzt vor allen den Gamern derzeit stark zu. Pixelbeschleuniger von Nvidia und AMD sind nahezu unmöglich zu normalen Preisen zu bekommen, sofern sie überhaupt verfügbar sind. Neben Produktionsproblemen bei TSMC und Samsung, den Auftragsfertigern von AMD und Nvidia, ist vor allem das Mining von Ethereum ein großer Preistreiber. Die Miner verwenden die Grafikkarten nicht zum Zocken, sondern ausschließlich zur Berechnung der Ethereum-Blockchain. Wie das genau funktioniert haben wir hier als Artikel und Video zusammengefasst.

Die Kurzfassung ist, dass die Miner ihre Grafikkarten nach dem nächsten Block im Ethereum-Netzwerk raten lassen. Errät ein Miner oder Mining-Pool den Block, werden einerseits Transaktionen bestätigt, andererseits wird aber auch eine Belohnung in Form von Ether an die Miner ausgeschüttet. Das ganze Konzept heißt Proof of Work (PoW) und sichert das Ethereum-Netzwerk ab. Und: es ist ein profitables Geschäft für die Miner. Aktuell ist es sogar bei hiesigen Strompreisen profitabel, seine eigene Grafikkarte in die Minen zu schicken, wenn man gerade nicht zockt.

Das Problem dabei: mit je mehr Leistung man nach den Blöcken sucht, umso mehr Ether erhält man als Miner auch. Deshalb kaufen die Miner nahezu alle Grafikkarten auf, mit denen sich profitabel Mining betreiben lässt. Diese hohe Nachfrage treibt die Preise drastisch in die Höhe – zum Leidwesen der Gamer. Man muss schon ordentlich in die Trickkiste greifen, um Grafikkarten zu annehmbaren Preisen zu finden. Ethereum hat den Grafikkartenmarkt daher fest im Griff.

EIP-1559 macht Mining drastisch unprofitabler

Doch es gibt einen kleinen Silberstreif am Horizont: ein sogenanntes Ethereum Improvement Proposal, kurz EIP, soll bald implementiert werden. Dieses EIP-1559 genannte, unscheinbare Update des Ethereum-Netzwerks sorgt für eine Umstrukturierung der sogenannten Gas Fees. Das sind die Transaktionsgebühren, die man für Ethereum-Transaktionen zahlt. Durch die hohe Nutzung des Netzwerks, vor allem durch sogenannte Decentralized Finance-Dienste, kurz DeFi, ist diese Gebühr drastisch gestiegen. Sie liegt derzeit bei durchschnittlich 17 US-Dollar und hatte Spitzen bei teilweise über 25 US-Dollar, und das pro Transaktion. Auslöser der hohen Gebühren ist die Logik, wie sie funktionieren. Soll eine Transaktion schnell verarbeitet werden, kann man mehr Gas Fee zahlen, damit die Transaktion im nächsten Block bestätigt wird. Dadurch gibt es einen Art Bieter-Wettstreit, der die Preise in die Höhe treibt. Darüber freuen sich die Miner, denn ein Teil ihrer Vergütung kommt aus den Transaktionsgebühren. Je höher sie sind, umso mehr erhalten sie auch.

Das EIP-1559 beendet diese Praktik jedoch. Das Update stellt das Gas-System auf zwei unterschiedliche Komponenten um. Einerseits gibt es eine Base-Fee, also eine Grundgebühr, die durch einen Algorithmus festgelegt wird. Bei höherer Auslastung des Ethereum-Netzwerks steigt diese Gebühr schrittweise an. Damit es zu keinen Staus im Netzwerk kommt, passt sich in Zukunft auch die Blockgröße dynamisch an. Die zweite Komponente besteht aus einem sogenannten Tip oder Inclusion-Fee, einer Art „Trinkgeld“. Dabei handelt es sich um eine zusätzliche Zahlung, die Nutzer tätigen können, um ihre Transaktionen zu priorisieren. Diese geht schließlich an die Miner, während die Base-Fee vom Protokoll verbrannt, also vernichtet wird. Das soll auch die Inflation verringern. Das EIP-1559 wurde am 5. März 2021 im All Core-Developers-Call beschlossen und soll mit dem London-Update im Juli 2021 kommen.

Die Miner sind sauer und planen 51-Prozent-Attacke

Durch die Umstellung geht jedoch auch auf einen Schlag eine der wichtigsten Einnahmequellen für die Miner verloren. Jeder errechnete Block bringt zwar eine gewisse Anzahl an Ether, das Mining auf der Ethereum-Blockchain ist aber vor allem durch die hohen Transaktionsgebühren deutlich profitabler geworden. Im Februar allein lagen die bezahlten Gas-Fees bei umgerechnet 723 Millionen US-Dollar. Diese Einnahmen würden mit dem neuen System deutlich niedriger ausfallen, da nur mehr die Tips bei den Minern ankommen. Das könnte ein Minus von 20 bis sogar 50 Prozent bei den Einnahmen bedeuten.

Entsprechend regt sich bereits Widerstand in den Reihen der großen Mining-Pools. Sie haben eine sogenannte 51 Prozent-Attacke geplant. Dafür legen viele Miner ihre Rechenpower in einem einzigen Pool zusammen, so dass dieser auf mehr als 50 Prozent der Netzwerkleistung kommt. Dadurch lässt sich ein eigentlich dezentrales Netzwerk zentralisieren und gezielt manipulieren, da eine einzige Partei über die Mehrheit der Rechenleistung verfügt. Ursprünglich war dies nur als Machtdemonstration geplant, die Ethereum Genesys Foundation, eine Art Gegenveranstaltung zur Ethereum Foundation, plant jedoch auch einen sogenannten Hardfork, bei dem eine neue Ethereum-Blockchain entsteht. Diese ist einzig und allein dazu gedacht, das Mining zu erhalten – allerdings mit fragwürdigem Ausgang. Nutzt der Großteil der Nutzer diese Blockchain nicht, ist sie von vornherein zum Scheitern verurteilt, was als sehr wahrscheinlich gilt.

Ethereum 2.0 – das Mining-Ende naht sowieso

Die Ablehnung des EIP-1559 durch die Miner hat jedoch auch den Erfinder von Ethereum, Vitalik Buterin, zur Offensive wechseln lassen. Er wirft den Minern vor, nur Interesse am eigenen Profit und nicht an der Funktion des Ethereum-Netzwerks zu haben. Neben dem verbalen Schlagabtausch schwebt aber auch der Vorschlag, den Umstieg auf Ethereum 2.0 deutlich zu beschleunigen, wie ein Damoklesschwert über den Minern. Mit Ethereum 2.0 ändert sich die Art, wie das Ethereum-Netzwerk abgesichert ist. Statt energieaufwändigem Mining durch das Proof of Work-Verfahren (PoW) kommt dann Proof of Stake (PoS) zum Einsatz. Proof of Stake benötigt keine immense Rechenpower mehr, um Ethereum abzusichern, sondern lediglich User, die mit ihren Ether für die Transaktionen bürgen und so für Sicherheit sorgen. Auch diese sogenannten Staker werden dann belohnt, ähnlich wie Zinsen bei einer Bank funktionieren. Mining ist ab diesem Zeitpunkt obsolet geworden.

Die Umstellung auf Ethereum 2.0 ist bereits in vollem Gange, sollte jedoch erst im Jahr 2022 final zu Ende gebracht werden. Der Vorschlag von Vitalik Buterin und die aktuell angeschlagene Situation rund um das EIP-1559 und die Miner könnte den Prozess jetzt aber massiv beschleunigen. Letztendlich muss sich zeigen, wie die 51 Prozent-Attacke und die Implementierung des EIP-1559 verlaufen. Zwar haben sich große Mining-Pools gegen EIP-1559 ausgesprochen, viele davon nehmen aber nicht an der Attacke teil, um die Sicherheit des Ethereum-Netzwerks nicht zu gefährden. Dazu gehört auch der weltweit größte Mining-Pool Ethermine des österreichischen Betreibers Bitfly.

Entspannung am Grafikkarten-Markt?

Was bedeuten dieses Machtspiel jedoch für die angespannte Situation am Markt für Gaming-Grafikkarten? Prinzipiell ist schwer vorherzusagen, wann Ethereum auf Ethereum 2.0 umsteigt und der Mining-Hype endgültig endet. Die aktuelle Lage rund um das EIP-1559-Update und die Drohung von Vitalik Buterin, Ethereum 2.0 vorzuziehen, lässt jedoch einige Miner bereits nervös werden. Es kann daher gut sein, dass einerseits die Preise für neue GPUs bald fallen, andererseits die Gebrauchtmärkte mit Mining-Grafikkarten geflutet werden. Spätestens mit der Einführung des London-Updates im Juli sollten wir eine Antwort haben. Generell sind die Tage der Miner jedoch gezählt, was viele Gamer freuen dürfte. Wer bis dahin nicht warten kann, der kann über den Handel immer wieder Grafikkarten zu einem verhältnismäßig anständigen Preis ergattern.

Über Florian Berger 77 Artikel
Florian Berger ist Autor bei PC Builder's Club. Durch sein Technikinteresse stieß er Ende 2019 zum kleinen Team dazu und kümmert sich seitdem um Verwaltung, Lektorat und viele Recherchen und Features.

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