Das PC-Netzteil – eines der am öftesten vernachlässigten Komponenten – dient im Computer als Stromversorgung für sämtliche Hardware. Es wandelt die Netzspannung in gleich mehrere Gleichspannungen um und versorgt damit die einzelnen Komponenten im PC mit Strom.

Bei Netzteilen sind die Unterschiede zum Teil sehr groß, was Qualität, Bauart, Leistung und Effizienz angeht. Daher werden oft Fehler gemacht, die in einem nicht funktionierendem Computer oder im schlimmsten Fall zu zerstörter Hardware führen können.

Spezifikation

Format und Größe

Auch Netzteile haben eine Norm für den Einbau. Diese heißt verwirrenderweise in den meisten Fällen wie beim Mainboard: ATX, hat mit dem ATX-Format des Mainboards aber nichts zu tun. ATX ist die standardmäßige Größe für Netzteile und wird so in den meisten Gehäusen verbaut. Nicht standardisiert ist hingegen die Gehäuselänge des Netzteils, welche bei stärkeren Netzteilen durchaus auch einmal deutlich länger ausfallen kann. Eine kleinere Variante des ATX-Netzteils ist das SFX-Netzteil. Es kommt vor allem in kleinen Gehäusen mit ITX-Mainboards vor, für welches ein ATX-Netzteil aufgrund der Größe nicht infrage kommt. Der wesentliche Unterschied, abgesehen von der kompakteren Größe, ist meist die Kühlung und die limitierte Leistungsfähigkeit aufgrund der Größe. Neben diesen beiden Standards gibt es noch weitere wie TFX, BFX und viele proprietäre Netzteile von beispielsweise Fertig-PCs, welche beim Custom-PC-Bau jedoch keine Anwendung finden.

Größenvergleich Corsair SFX-Netzteil vs. ATX-Netzteil. (Bild: hardforum.com)

Verkabelung

Bei der Verkabelung gibt es mehrere verschiedene Typen. Einerseits die klassische Verkabelung mit fest verbauten Kabeln, dann die semimodularen Netzteile mit zum Teil modularem Anschluss und fix verbauten Kabeln und schließlich die vollmodularen Netzteile, bei welchen jedes Kabel vom Netzteil getrennt werden kann. Der Trend geht immer weiter hin zu modularen Netzteilen, da dadurch hässliche Kabel gespart werden können und der PC weniger voll wirkt. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass das Netzteil relativ schnell getauscht werden kann, wenn ein Defekt vorliegt oder ein stärkeres Netzteil eingebaut werden soll. Einziger Wermutstropfen bleibt, dass aufseiten des Netzteils jeder Hersteller sein eigenes Süppchen kocht und daher nicht einfach auf einen anderen Hersteller beim Netzteil gewechselt werden kann, wenn man die Verkabelung behalten möchte.

Vergleich: links das fix verkabelte be quiet! System Power 8, in der Mitte das semimodulare be quiet! Pure Power 10, rechts das vollmodulare Corsair RM 550X. (Bilder: be quiet!, Corsair)

Anschlüsse

Was hingegen genormt ist, sind die Anschlüsse für die Hardware. Auf jedem Netzteil sind verschiedene Stecker für verschiedene Komponenten verbaut. Der wichtigste ist der 24polige ATX-Stecker, welcher direkt ans Mainboard angeschlossen wird. Ein weitere Stecker, der am Mainboard seinen Platz findet, ist der CPU-Powerstecker. Er ist meist in 4+4-Pin-Varianten ausgeführt und versorgt die CPU mit zusätzlichem Strom. Diese beiden Kabel sind beim semimodularen Netzteil meist fix verbaut.

Die weiteren Anschlüsse betreffen die Peripherie. Für die Grafikkarte stehen je nach Netzteil noch bis zu zehn 6- oder 8-Pin-Stecker zur Verfügung. Meistens sind diese Stecker als 6+2-Pin-Stecker ausgeführt, um eine hohe Kompatibilität sicherzustellen. Neben den Grafikkarten-Steckern sind meistens auch noch verschiedene Peripherie-Anschlüsse in Form von SATA- und Molex-Steckern vorhanden, mit welchen Festplatten, Laufwerke, Erweiterungskarten und anderes Zubehör mit Strom versorgt werden.

Leistung

Einer der wichtigsten Punkte ist die Leistung des Netzteils. Die Leistung ist schlicht die Energie, die das Netzteil an den Ausgängen kombiniert zur Verfügung stellen kann. Dabei werden sämtliche Werte beachtet. Der größte Stromfresser in einem PC ist meist die Grafikkarte, welche auch einen eigenen 12V-Anschluss besitzt, je nach Modell sogar zwei, und dabei auch bis zu 300W verbrauchen kann. Danach folgt die CPU, welche ebenfalls eigene Stromanschlüsse besitzt und, je nach Leistung, das Netzteil mit bis zu 200W belasten kann. Intels oft verbauter Core i7 7700K verbraucht in Extremtests beispielsweise bis zu 145 Watt an Energie. Nicht zu verwechseln mit der Stromaufnahme ist der TDP-Wert (Thermal Design Power), welcher angibt, mit welcher Abwärmeenergie der Prozessor designt wurde, was wiederum für die Kühlung relevant ist. Der Stromverbrauch von CPU oder Grafikkarte steigt auch, wenn diese Komponenten übertaktet werden.

Wie finde ich die richtige Leistung für meinen PC heraus?

Um den richtigen Verbrauch eines PCs zu bestimmen, sollte man eruieren, wie viel die jeweiligen Komponenten an Strom verbrauchen. Bei der Grafikkarte ist dies besonders wichtig, da sie der größte Verbraucher ist. Auf den jeweiligen Herstellerseiten können die Verbrauchswerte eingesehen werden. Beim Netzteil ist dann darauf zu achten, dass mindestens die recherchierte Leistung am 12V-Teil anliegt. Um ganz sicher zu gehen kann man auch einen Netzteilkalkulator, beispielsweise von be quiet!, verwenden. In diesem werden sämtliche Komponenten und Verbraucher angegeben und der maximale Stromverbrauch angezeigt. Auch diese Werte sind mit Vorsicht zu genießen, da von Standardwerten ausgegangen wird. Man sollte immer etwas Reserve einrechnen. Eine Zusätzliche Reserve sollte eingerechnet werden, wenn zu einem späteren Zeitpunkt beispielsweise eine stärkere Grafikkarte eingebaut werden soll.

Energieverbrauch und 80+-Zertifizierung

Der Energieverbrauch von Netzteilen ist wieder ein eigener Part. Nicht jedes Netzteil mit 500 Watt verbraucht auch tatsächlich 500 Watt an der Steckdose – je nach Bauart sogar deutlich mehr. Daher wurde von einer nordamerikanischen Initiative die 80+-Zertifizierung ins Leben gerufen. Diese listet Netzteile mit einem Effizienzwert von 80% und mehr. Das bedeutet, dass diese Netzteile mindestens 80% des am Netz verbrauchten Stroms in Energie für den Computer umwandeln. Nach diesen Standards werden Netzteile nach Effizienz klassifiziert. Dabei gibt es verschiedene Stufen, welche von 80+ bis 80+ Titanium reichen und folgende Effizienzwerte umfasst:

(Bild: Wikipedia.de)

Je besser ein Netzteil zertifiziert ist, umso besser ist auch die Effizienz und damit der Stromverbrauch. Die Zertifikate stellen oft auch ein Qualitätsmerkmal dar. Je besser das Zertifikat umso besser sind die verbauten Komponenten. Das hat allerdings auch seinen Preis. Beispielsweise kostet ein 600W beQuiet! Pure Power 9-Netzteil mit 80+Silver-Zertifizierung derzeit[amazon_link asins=’B01MY98CM1′ template=’PriceLink‘ store=’pcbuildersclub-21′ marketplace=’DE‘ link_id=’abc9596e-f953-11e6-8db8-8f55f6f22ddb‘], während ein effizienteres 650W-Corsair RM650X-Netzteil mit 80+Gold-Zertifizierung derzeit [amazon_link asins=’B015Q7F3NA‘ template=’PriceLink‘ store=’pcbuildersclub-21′ marketplace=’DE‘ link_id=’df9b56fe-f953-11e6-9692-8d1f0c3f6ca6′] kostet.

Welches Netzteil ist das richtige?

Um nun das richtige Netzteil auszuwählen, sind vor allem die geplanten Komponenten entscheidend. Weitere Faktoren sind die gewünschte Qualität, Funktionalitäten und eventuell auch das Design des Computers.

Zur Berechnung der Komponenten kann der Netzteilkalkulator von be quiet! verwendet werden. Man sollte genügend Reserve einplanen, um Leistungsspitzen und ein eventuelles Overclocking zu beachten. Ab einem gewissen Wert der Komponenten oder oftmaliger Verwendung ist es ratsam, besser geschützte Netzteile zu vewenden. Dank besserer Schutzschaltungen, höherer Effizienz und höherer Qualität der verbauten Teile halten solche Netzteile meist länger und schützen die verbauten Komponenten zuverlässig.

Unsere Empfehlungen

Einsteiger

Als Budget-Tipp hat sich das be quiet! Pure Power 10-Netzteil entpuppt. Dank Semimodularität ist das Verbauen auch für Anfänger recht einfach, die Qualität und vor allem die geringe Geräuschentwicklung der Netzteile ist gut. Auch die Energieeffizienz kann sich mit der 80+Silver-Zertifizierung sehen lassen. Durch die Qualitätskontrolle in Deutschland hat be quiet! mit den Pure Power 10-Netzteilen hochwertige Geräte zu einem guten Preis im Angebot. Die Garantie beläuft sich jedoch nur auf drei Jahre. Die Pure Power 10-Serie ist mit 300 bis 700 Watt Leistung erhältlich.

Als Alternative zu be quiet! hat sich oft auch die VS-Serie von Corsair bewährt.

Mittel- und Oberklasse

Für die Mittel- bis Oberklasse an PCs bis zu Multi-GPU-Systemen ist die RM-Serie von Corsair für eine Vielzahl an Systemen problemlos geeignet. Die Netzteilserie glänzt vor allem durch Voll-Modularität, eine hohe Zahl an Schutzschaltungen und hochwertige Komponenten. Features wie Digital-Überwachung bei der RMi-Serie und einen Zero-Fan-Modus, in welchem der Lüfter nur bei Bedarf anspringt und auch dann sehr leise agiert, machen die Netzteile zu ausgezeichneten Stromgebern in vielen PCs. Zusätzlich bietet Corsair auf die Netzteile 10 Jahre Garantie, einer der höchsten Werte in der ganzen Branche. Die RM-Serie ist in Leistungsklassen von 550 bis 1000 Watt erhältlich.

Weitere Optionen in diesem Bereich sind die Leadex-Netzteile von Super Flower, die G2-Serie von EVGA und die G-Serie von Seasonic. Seasonic bietet auch komplett lüfterlose Netzteile an. Ein besonderer Tipp ist auch die Straight Power-Serie von be quiet!, welche jedoch nur semimodular ist.

Highend

Auch der Highendsektor ist ein heißumkämpfter Markt. Viele Hersteller haben für Multi-GPU-Systeme entsprechende Netzteile im Angebot. Auch hier ist es eine Überlegung wert, auf ein RM1000X-Netzteil von Corsair zu setzen. Wer jedoch mehr Sicherheit, noch stabilere Spannungen und höhere Leistung benötigt, wird auch hier nicht an Corsair HX– und AX-Serie, be quiet! Dark Power ProSuper Flower Leadex, EVGA SuperNova T2 und Konsorten herumkommen. Eins haben sie alle gemein: eine 80+Platinum oder Titanium-Zertifizierung. Dadurch ist eine ausgezeichnete Effizienz gewährleistet, außerdem eine erlesene Komponentenauswahl. Die Features sind je nach Hersteller deutlich unterschiedlich, jedoch sind mit Ausnahme des Dark Power Pro von be quiet! alle Netzteile vollmodular und mit sehr stabilen Elkos und Schutzschaltungen ausgestattet. Zusätzlich gibt es oft leise, aber starke PWM-Lüfter, Digitalschnittstellen und eine sehr lange Garantie.

Das am weitest bekannte Netzteil wird wohl das Corsair AX1200i sein, welches auch mit Corsair Link verbunden und digital gesteuert und ausgelesen werden kann. Einen weiteren fixen Platz hat sich das be quiet! Dark Power Pro gesichert. Wer noch mehr Leistung benötigt, kann auch auf das Super Flower Leadex 2000W-Netzteil setzen.

Last but not least: „Chinaböller“

Immer wieder ist in Foren oder auch auf Amazon bei manchen Netzteilen eine schier unglaubliches Preisleistungsverhältnis vorhanden: 1000 Watt für 75€! Solche Netzteile, welche meist von Herstellern aus Fernost, z.B. Rhombotech, Mars Gaming, Sharkoon etc. stammen, sind das, was wir gerne „Chinaböller“ nennen. Auch die Thermaltake City-Netzteile wie das Thermaltake Hamburg oder Berlin seien hier kurz erwähnt. Die Verarbeitung ist meist schlecht bis sehr schlecht, die Effizienz oft nicht mal eingeordnet, und, was am gefährlichsten ist: es fehlen wichtige Schutzschaltungen. Das kann nicht nur die Hardware im PC gefährden, sondern auch technische Defekte hervorrufen, die bis zu Bränden führen können. Daher gilt: beim Netzteil auf keinen Fall Geld sparen! Es gibt viele gute Alternativen von namhaften Herstellern, die auch günstig sind.