Unser Noctua NH-U12A kühlt mit einem Lüfter besser als mit zwei – aber warum?!

(Bild: PCBC/FM)

Der neue Noctua NH-U12A war auch bei uns im Testsystem. Bei erweiterten Tests haben wir allerdings einige Unstimmigkeiten gefunden. Eine Fehlersuche.

Unser Noctua NH-U12A-Test – oder was davon übrig geblieben ist

Mit dem NH-U12A hat das österreichische Unternehmen Noctua einen neuen Premium-Kühler auf den Markt gebracht. Mit zwei NF-A12x25-Lüftern, einem breiteren Kühlkörper und einem absoluten Premium-Preis ist er allerdings nur im übertragenen Sinn der Nachfolger des NH-U12S, welcher mit schmalem Kühlkörper und einem Lüfter in einer ganz anderen Klasse spielt. Der NH-U12A hingegen kann es durch die neue Konstruktion sogar mit Doppelturmkühlern aufnehmen. Dabei braucht der Kühler aber bei weitem nicht ihren Platz und ist auf maximale Kompatibilität zu PCIe- und RAM-Slots ausgelegt. Das Highlight dabei sind die beiden High Performance-Lüfter NF-A12x25, die jahrelang von Noctua auf höchste Leistung gezüchtet wurden und allein schon ein beeindruckendes Preisschild aufweisen.

Die Kombination war natürlich auch für unsere Tests interessant. Entsprechend haben wir uns von Noctua ein Testsample besorgt und in unser Testsystem montiert. Der Test des NH-U12A fiel dabei allerdings etwas anders als erwartet aus. Im Vergleich mit den Brüdern NH-U12S, NH-U14S und NH-D15 unterliegt er den beiden 140 mm-Varianten. Der neue Kühler kann sich zwar souverän gegen den Vorgänger NH-U12S durchsetzen, auch hier ist der Abstand allerdings etwas mau. Auch die Tests von anderen Magazinen sprachen gegen unsere Ergebnisse. Noctua hat uns daraufhin prompt noch einen NH-U12A geschickt, um ein Montagsmodell oder einen Fehler auszuschließen. Wir haben die Chance genutzt und unseren Test noch einmal ganz neu begonnen und ausführlicher gestaltet. Zum Test selbst haben wir einiges an Feedback und die Bitten nach erweiterten Tests erhalten – beispielsweise mit nur einem NF-A12x25-Lüfter am Kühlkörper oder verschiedenen Drehzahlen. Und ab da begannen die Unstimmigkeiten.

Der neue Test

Ausgangslage und erste Veränderungen

In Vorbereitung auf kommende Kühlertests haben wir unser Testkonzept noch einmal überarbeitet. Die Testreihe mit den Noctua-Kühlern eignete sich dazu ganz gut, da wir ja sowieso auf Fehlersuche waren. In unserem Ausgangstest haben wir mit einigen speziellen Parametern gemessen, die das Testergebnis zwar objektiv, aber nicht immer realitätsnah machen. Zur Hitzeerzeugung haben wir unseren Intel Core i7-7700K mit dem Small FFT-Test von Prime95 ausgelastet. Das Case, ein Dark Base 700 von be quiet!, stand dabei aufrecht mit geschlossenen Seitenteilen. Zur Belüftung haben wir zwei 140 mm-Lüfter in der Front und einen 120 mm-Lüfter auf der Rückseite angebracht und konstant auf 40 Prozent gestellt. Bei den Lüftern handelt es sich jeweils um Silent Wings 3-Modelle von be quiet!. Ursprünglich haben wir mit einer recht starken Lüfterkurve getestet, die das Vergleichen der einzelnen Kühler deutlich erschwerte. Deshalb haben wir in der neuen Testreihe pro Kühler einen Test auf 100, 75 und 50 Prozent Drehzahl durchgeführt.

Heureka, der neue NH-U12A arbeitet besser – der alte aber auch

In gutem Glauben jetzt einen besser vergleichbaren Test hinzubringen, haben wir erneut alle fünf Testkühler auf unser Mainboard montiert. Dabei haben wir insgesamt sieben verschiedene Konstellationen getestet:

  • Noctua NH-U12S
  • Noctua NH-U12S mit NF-A12x25
  • Noctua NH-U12A (erstes Sample)
  • Noctua NH-U12A (zweites Sample)
  • Noctua NH-U12A mit einem Lüfter
  • Noctua NH-U14S
  • Noctua NH-D15

Dabei ergaben sich erneut interessante Ergebnisse. Das zweite Testsample des NH-U12A schnitt deutlich besser ab als das ursprüngliche Sample. Auf einmal schlug es sogar den NH-U14S und den NH-D15. Auffällig war jedoch, dass auch das alte Sample des NH-U12A in dieser Testreihe deutlich besser performte und an die beiden 140 mm-Kühler herankam. Kurioserweise performte der neue NH-U12A mit nur einem Lüfter sogar noch besser als mit zweien. Ein weiteres spannendes Ergebnis betraf den NH-U12S. War dieser mit dem NF-A12x25-Lüfter bestückt, erreichte er bei 75 und 100 Prozent Drehzahl im Normaltakt ein besseres Ergebnis als der erste NH-U12A. Übertaktet klafften die Ergebnisse dann wieder deutlich auseinander, der NH-U12S unterlag mit dem NF-A12x25-Lüfter sogar dem Original-Lüfter.

Takt und Drehzahl4,5 GHz, 50%4,5 GHz, 75%4,5 GHz, 100%4,8 GHz, 50%4,8 GHz, 75%4,8 GHz, 100%
Noctua NH-U12SØ 79,83 °CØ 75,33 °CØ 71,5 °Cn/aØ 84,98 °CØ 82,35 °C
Noctua NH-U12S mit NF-A12x25Ø 72,08 °CØ 69,15 °CØ 67,13 °CØ 87,95 °CØ 88,15 °CØ 84,35 °C
Noctua NH-U12A (erstes Sample)Ø 71,43 °CØ 69,4 °CØ 68,0 °CØ 85,0 °CØ 81,85 °CØ 79,95 °C
Noctua NH-U12A (zweites Sample)Ø 70,98 °CØ 68,3 °CØ 66,8 °CØ 84,13 °CØ 80,9 °CØ 79,35 °C
Noctua NH-U12A mit einem LüfterØ 69,93 °CØ 66,6 °CØ 65,68 °CØ 89,78 °CØ 82,8 °CØ 82,2 °C
Noctua NH-U14SØ 74,5 °CØ 71,38 °CØ 69,05 °CØ 86,68 °CØ 82,98 °CØ 81,35 °C
Noctua NH-D15Ø 71,43 °CØ 68,88 °CØ 67,58 °CØ 85,0 °CØ 82,16 °CØ 80,38 °C

Weitere Anpassungen – neue Systematik, neue Testreihe

Alles deutete also darauf hin, dass wir irgendwo einen großen Fehler in unserer Testsystematik haben. Daher haben wir weiter experimentiert, um eine bessere Testvariante zu finden. Die ersten Fehler waren schnell gefunden. So machte es definitiv einen Unterschied, ob der Prozessor zwischen den Tests eine Auskühlphase hatte oder nicht. In unseren ursprünglichen Tests haben wir jeweils nur die Drehzahl umgestellt und Prime95 neu gestartet, eine Abkühlphase gab es nicht. Im neuen Testverfahren haben wir dann folgenden Ablauf intensiv mit dem NH-D15 getestet:

  • 10 Minuten auf 100 Prozent Drehzahl abkühlen lassen (auch bei Systemneustart)
  • Prime95 starten
  • Eine Minute aufwärmen
  • Messung mit AIDA64 starten
  • 10 Minuten laufen lassen
  • Werte ablesen
  • Prime95 stoppen
  • Start der Abkühlzeit für den nächsten Test

Und siehe da – die Testergebnisse variierten nur mehr um 0,5 Grad Celsius. Bei vorherigen Tests ohne Abkühlphase variierte die Temperatur noch um bis zu 2 Grad Celsius. Eine längere Abkühlphase brachte jedoch keinen besseren Vorteil, weshalb wir bei 10 Minuten verblieben sind. Weiter gesenkt haben wir die Varianz dann auf Anmerkung eines Users. Dieser behauptete, dass der Prime95-Test selbst im Small FFT-Modus etwas variieren kann. Wir haben daraufhin eine Testreihe mit der neuen Methode gestartet. Während die Abweichung bei Tests mit dem vordefinierten Small FFT-Modus weiterhin bei 0,5 Grad Celsius im Schnitt lag, brachte ein Test mit definierten 12K in-Place FFTs eine Abweichung von nur 0,2 Grad Celsius. So haben wir dann auch unsere generelle Testmethode definiert. Zur Sicherheit haben wir ab jetzt die Lüfter auch nicht mehr mit dem Mainboard, sondern mit einer externen Lüftersteuerung betrieben.

Nächster Test – Abbruch in der Mitte, doch der Schuldige ist gefunden

Danach haben wir die Testreihe noch einmal neu begonnen. Der Zeitaufwand war durch die neue Methode nun auch deutlich angewachsen. Pro Kühler waren rein auf die Testzeiten bezogen nun 126 Minuten an Tests notwendig. Für genaue Tests nahmen wir das jedoch in Kauf, vor allem, weil das auch gut nebenbei ging. Diese neue Testreihe haben wir dann jedoch mittendrin abgebrochen, da wir eine weitere Variable gefunden haben, die wohl auch für die kuriosen Ergebnisse des zweiten Tests verantwortlich war.

Unser Testprozessor ist seit geraumer Zeit geköpft und mit Flüssigmetall versehen. Bei dem Vorgang wird der Heatspreader abgenommen, die Wärmeleitpaste gegen Flüssigmetall getauscht und der Heatspreader wieder verklebt, was in deutlich besseren Temperaturen resultiert. Für unsere Kühlertests wurde genau das aber zum Problem. So hat bereits das Kippen des Cases scheinbar für eine Änderung beim Flüssigmetall gesorgt, die sich tatsächlich auf die Temperatur ausgewirkt hat. Bei mehreren Tests haben wir Differenzen von bis zu 3 Grad Celsius gemessen.

Okay, also noch einmal mit einem neuen Testsetting gestartet. Jetzt geht es darum, den Prozessor so wenig zu bewegen. Doch selbst mit einem dauerhaft liegenden Case gab es stets unterschiedliche Testergebnisse, wenn der Kühler neu montiert wurde. Das macht einen Vergleich nahezu unmöglich, weshalb wir den Test daraufhin endgültig abgebrochen haben.

Der Noctua NH-U12A kühlt trotzdem mit einem Lüfter besser

Bei allen diesen Tests hat sich für uns gezeigt, dass Kühler testen alles andere als einfach ist, besonders mit geköpftem Prozessor. Eine Sache kam uns jedoch besonders seltsam vor. Der Noctua NH-U12A kühlte in allen Tests, die wir durchgeführt haben, mit einem Lüfter besser als mit zweien. Lediglich im übertakteten Modus bei sehr hohen Temperaturen war die Konstellation mit zwei Lüftern überlegen.

Wir können derzeit noch nicht nachvollziehen, warum das so ist. Jedenfalls kann die Abweichung durch den geköpften i7-7700K ausgeschlossen werden, da der Kühler nicht demontiert und das Case nicht bewegt wurde. Wir haben also lediglich den hinteren Lüfter entfernt. Und jedes Mal gab es leicht bessere Temperaturen mit einem Lüfter. Zur Genauigkeit haben wir den Test jeweils mehrfach mit beiden NH-U12A-Kühlern durchgeführt, kamen aber immer zum selben Ergebnis: bei Lasten bis ca. 73 Grad Celsius performte der NH-U12A besser mit einem Lüfter. Auch Noctua war über das Ergebnis sehr verwundert. Der Hersteller hat den Kühler jahrelang entwickelt und wohl noch eingehender als wir getestet. Auch andere Tests sprechen gegen unseren Test, nach dieser aufwändigen Fehlersuche können wir aber fast komplett ausschließen, dass es sich um einen groben Schnitzer unsererseits handelt.

Fazit: wir brauchen ein neues Testsystem für CPU-Kühler

Die ganze intensive Testreihe rund um den Noctua NH-U12A hat uns zumindest zu einer Erkenntnis gebracht. Für zukünftige Kühlertests brauchen wir definitiv ein anderes Testsystem, welches die Abweichung durch das Flüssigmetall endgültig eliminiert. Derzeit befinden wir uns deshalb in der Planung für ein Ryzen-System mit verlötetem Heatspreader. Ganz für die Katz waren die insgesamt über 140 durchgeführten Testläufe auch wegen einer zweiten Sache nicht. Durch die intensive Testreihe haben wir auch unsere Testmethodik deutlich verbessern können.

Warum allerdings der NH-U12A mit einem Lüfter in einigen Situationen besser performt, haben auch die vielen Testläufe nicht gezeigt. Sobald unser neues Testsystem steht, starten wir noch einmal eine neue Testreihe. Dann wissen wir auch, ob die kuriosen Ergebnisse durch unseren geköpften i7-7700K entstanden sind.

Hast du einen Noctua NH-U12A? Dann würden wir uns darüber freuen, wenn du ebenfalls mit nur einem Lüfter in Prime95 gegentestest und die Ergebnisse hier in den Kommentaren mit uns teilst!