AMD Navi könnte schneller als die RTX 2080 sein

AMD Radeon RX Navi Logo Mockup
Ein Mockup in Anlehnung auf das Vega-Logo. (Bild: Mockup PCBC)

Bis AMD Navi auf den Markt bringt, dauert es wohl noch bis ins zweite Halbjahr 2019. Dabei könnte sich die 7nm-GPU sogar über der RTX 2080 positionieren.

Nvidia und das Highend-Monopol

Am Grafikkartenmarkt herrscht derzeit zwar kein Stillstand, der Unmut bei vielen Kunden ist trotzdem groß. Während AMD mit keiner neuen Grafikkarte seit 2017 aufwarten kann, hat Nvidia die Gunst der Stunde genutzt und im Vorfeld der Gamescom 2018 die neue Grafikkartengeneration namens Turing vorgestellt. Im Highend-Bereich ist der Hersteller damit jetzt quasi ein Monopolist. Das hat auch dazu geführt, dass Nvidia sehr hohe Preise für die neuen Grafikkarten verlangen kann. So kostete die RTX 2080 Ti bei der Einführung mindestens 1.249 Euro, während die RTX 2080 auf mindestens 849 Euro kam. Die Preise entwickeln sich zwar langsam etwas nach unten, die fehlende Konkurrenz ist trotzdem spürbar.

AMD ist dadurch derzeit einerseits im Zugzwang, andererseits aber auch nicht fähig, einen Gegner zu liefern. Die Vega-Architektur war für Gamer eher ein Flop, da sie nicht an das damalige Highend-Modell GTX 1080 Ti von Nvidia herankam und nur auf dem Niveau der GTX 1080 lief. Auch Lieferprobleme und der Mining-Boom bescherten AMD große Probleme. Als nächster Schritt steht jedoch der Shrink vom 14nm-Prozess auf 7nm an – und das dauert. Den Anfang soll die Vega-Architektur machen, welche als Vega 20 mit 7nm-Strukturbreite noch dieses Jahr auf den Markt kommen soll. AMD bringt die Grafikkarte jedoch nur als Radeon Instinct für Server-Kunden – die Gamer gehen leer aus. Erst 2019 soll dann im zweiten Halbjahr Navi, der Nachfolger von Vega, auf den Markt kommen. Sieht man sich die Fertigungsschritte an, könnte Navi auch ein Gegner für die Highend-Sparte von Nvidia werden.

Fertigungsprozess: kleiner ist besser

Betrachten wir nun die aktuelle Highend-Sparte von Nvidia, so fällt vor allem eines auf: die Chips sind sehr groß. Der Chip der RTX 2080 Ti misst ganze 754 mm² und beherbergt 18,6 Milliarden Transistoren, während der Vorgänger GTX 1080 Ti noch einen 471 mm² großen Chip mit 11,8 Milliarden Transistoren verbaut hat. Die Transistordichte der RTX 2080 Ti liegt damit bei ca. 24,7 Millionen Transistoren pro Quadratmillimeter, während der Vorgänger GTX 1080 Ti sogar eine Transistordichte von 25,1 Millionen Transistoren pro Quadratmillimeter aufweist. Ähnlich verhält es sich auch bei den anderen Turing-Modellen:

Die-GrößeTransistoranzahlTransistoren/mm²
RTX 2080 Ti754 mm²18.600.000.00024.668.435
GTX 1080 Ti471 mm²11.800.000.00025.053.079
RTX 2080545 mm²13.600.000.00024.954.128
GTX 1080314 mm²7.200.000.00022.929.936
RTX 2070445 mm²10.800.000.00024.269.663
GTX 1070314 mm²7.200.000.00022.929.936

Das zeigt, dass der Shrink von 16 auf 12nm verhältnismäßig wenig gebracht hat. Da 12nm allerdings nur ein leicht verbesserter 16nm-Prozess ist, war das auch zu erwarten. Nvidia kompensiert die praktisch gleichbleibende Transistorendichte mit deutlich größeren Dies und teilweise auch mehr Takt. Wie viele dieser Transistoren dann den Tensor- und RT-Kernen geschuldet ist, lässt sich schwer abschätzen. Nvidia zeigt dadurch allerdings trotzdem ganz gut, dass die Turing-Generation hauptsächlich von den größeren Chips lebt, wenn man bedenkt, dass der Chip einer RTX 2070 fast so groß ist wie der Chip der GTX 1080 Ti.

Ein gutes Beispiel für die Optimierung durch den Shrink auf 7nm bietet hingegen Apple. Der Smartphonehersteller hat die Chips A10 Fusion, A11 Bionic und A12 Bionic ausschließlich bei TSMC fertigen lassen. Beim A10 Fusion kam noch eine 16nm-Strukturbreite zum Einsatz, welche bei einer Chipgröße von 125 mm² 3,3 Milliarden Transistoren oder 26,4 Millionen Transistoren pro Quadratmillimeter beherbergt. Der A11 Bionic wurde bereits mit 10nm-Strukturbreite gefertigt. Hier finden sich 4,3 Milliarden Transistoren auf einer Chipgröße von 87,66 mm², was bedeutet, dass pro Quadratmillimeter ca. 49 Millionen Transistoren vorhanden sind. Der aktuelle A12 Bionic mit 7nm-Strukturbreite weist durch die kleinste Strukturbreite auch die größte Transistordichte auf. Auf 83,27 mm² sind 6,9 Milliarden Transistoren verbaut, das entspricht ca. 83 Millionen Transistoren pro Quadratmillimeter. Der Umstieg von 16nm auf 7nm brachte also eine mehr als dreimal so hohe Transistordichte pro Quadratmillimeter.

ProzessDie-GrößeTransistoranzahlTransistoren/mm²
A10 Fusion16 nm125 mm²3.300.000.00026.400.000
A11 Bionic10 nm87.66 mm²4.300.000.00049.053.160
A12 Bionic7 nm83.27 mm²6.900.000.00082.862.976

7nm könnte Navi nach vorne katapultieren

Auch AMD setzt bei den 7nm-Produkten auf die Dienste der Foundry TSMC statt auf die ehemalige Tochterfirma Globalfoundries. Deren optimierter 7nm-Prozess könnte auch bei Navi bereits auf die EUV-Lithografie setzen, welche bei Vega 20 wohl noch nicht zum Einsatz kommt. Dadurch sind noch feinere Strukturen und dadurch eine höhere Transistorzahl möglich. Wenn man jetzt davon ausgeht, dass AMD den 7nm-Prozess gut ausnutzt, könnte mit einem Drittel der Fläche der Turing-Grafikkarten die gleiche Anzahl an Transistoren erreicht werden. So wären mit einem 250 mm² großen Die 20,7 Milliarden Transistoren möglich. Ein 200 mm² großer Die würde Platz für 16,6 Milliarden Transistoren bieten. Damit hätte AMD einen Chip, der selbst mit einer Größe von 200 mm² über der RTX 2080 und knapp unterhalb der RTX 2080 Ti anzusiedeln ist. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass AMD dieses Potenzial nicht nutzen wird.

Die reine Anzahl der Transistoren macht natürlich noch keine leistungsfähige Grafikkarte. So hat auch die RX Vega 64 12,5 Milliarden Transistoren verbaut, etwas mehr als die GTX 1080 ti mit 11,8 Milliarden. Damals lagen die Strukturbreiten jedoch noch nahe beieinander, da Vega mit 14nm und Pascal mit 16nm gefertigt wurde. Mit dem Umstieg auf die 7nm-Fertigung hat AMD jetzt tatsächlich die Möglichkeit, Nvidia bei der Transistordichte zu überholen.

AMDs mögliche Produktstrategie

Logisch wäre daher, dass ein Highend-Modell mit Navi-Vollausbau zwischen RTX 2080 und RTX 2080 Ti positioniert wird. Ein etwas beschnittener Chip könnte noch zwischen RTX 2070 und RTX 2080 Platz finden. Je nachdem, wie günstig die Produktion ist, könnte die kleine Navi-Variante dann bereits den Preis einer Mittelklassekarte aufweisen. Das wäre auch durch die Verwendung von vergleichsweise günstigem GDDR6 statt teurem HBM2-Speicher möglich. Den Bereich darunter bedient AMD wohl weiter mit der kürzlich geleakten RX 590. Auch ein Ausbau nach oben mit deutlich größeren Chips und mehr Transistoren wäre natürlich denkbar. Für den Server-Bereich könnte eine Navi-GPU mit HBM2 oder gar HBM3 auf den Markt kommen.

Das ganze Potenzial der 7nm-Fertigung lässt sich dann wohl erstmals beim Release von Vega 20, welches ebenfalls in 7nm gefertigt wird, ablesen. Auf Navi müssen wir hingegen noch bis ins zweite Halbjahr 2019 warten. Dann aber könnte AMD endlich wieder konkurrenzfähig gegenüber Turing sein.

Über Florian Maislinger 1222 Artikel
Florian Maislinger ist Autor und Gründer von PC Builder's Club. Als gelernter IT-Engineer ist er bestens mit Computern und Hardware vertraut und seit Kindesbeinen an ein Technikliebhaber wie er im Buche steht. Er ist hauptsächlich für die News und unsere Social Media-Kanäle verantwortlich.

4 Kommentare

  1. Ich würde es gut finden, wenn AMD mit Navi mal 1080Ti-Leistung in die Mittelklasse bringt. Das ganze noch zu einem angemessenen Preis von 350-400€ und ich bin dabei. Meine 980Ti wartet schon länger darauf mal ersetzt zu werden. 😀

  2. Klar, Konkurrenz is immer gut für die Preise und für Innovation.

    Aber vergessen wird hier leicht, dass Nvidia dann seinerseits nahezu zeitgleich mit einem auf 7nm geshrinkten Turing aufwarten könnte und AMD wieder auf die Plätze verweisen würde…

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