Was NVMe-SSDs wirklich bringen – SSDs von WD und SanDisk im Test

Was bringen NVMe-SSDs? (Bild: PCBC)

SSDs sind ein wichtiger Speedbringer für jeden PC. Noch einmal einen Ticken schneller sind NVMe-SSDs. Doch bringen die teuren Speicher für Normalnutzer was?

Worum gehts?

NVMe ist das neue Schwarz. Das wollen einem die Hersteller von Flash-Speicher zumindest vermitteln. Das SSDs im Vergleich zu herkömmlichen Festplatten deutlich schneller sind und somit einen entscheidenden Vorteil bringen, ist mittlerweile bei allen Usern angekommen. Im Vergleich zu alten HDDs ist die Geschwindigkeit schnell doppelt so hoch. SSDs mit NVMe bringen im Vergleich zu SSDs gerne auch die vierfache Lese- und Schreibegeschwindigkeit. Und doch wird einem meist davon abgeraten. Zu schnell, um es zu nutzen, lautet die Devise. Doch was steckt wirklich dahinter? Bringen NVMe-SSDs zum jetzigen Zeitpunkt wirklich keinen Mehrwert? Und wenn, für wen sind sie tatsächlich geeignet?

Was ist NVMe? Und was hat M.2 damit zu tun?

NVMe, die Abkürzung für NonVolatile Memory Express, ist ein Speicherprotokoll, welches verschiedene Hersteller 2011 extra für Flash-Speicher entwickelt haben. Es basiert auf PCIe und nutzt auch diese Anbindung. Das Pendant dazu wäre AHCI. Dieses Protokoll wurde bereits 2004 verabschiedet und ist ursprünglich nur für HDDs gedacht gewesen. Zu dieser Zeit gab es noch nicht so schnellen Speicher und auch noch keine entsprechenden Anschlüsse, die damit mithalten könnten. Daher erreicht AHCI nur eine Leistung von 500 bis 600 MB/s. Die Schnittstelle, auf der es meistens läuft, ist SATA 3, welches ebenfalls nur 600 MB/s maximal zulässt. Auch andere Schnittstellen, beispielsweise M.2 unterstützen AHCI. Die M.2-Schnittstelle ist auch der Standardport für NVMe-SSDs. M.2 ist normalerweise mit vier PCIe-Lanes angebunden, die normalerweise für Peripherie wie Grafikkarten oder Soundkarten verwendet werden. Diese vier PCIe-Lanes erlauben bis zu 4.000 MB/s, was es ideal für schnellen Flash-Speicher macht.

Der große Punkt, der NVMe so schnell macht, ist allerdings das Protokoll selbst. Durch die PCIe-Lanes sind die SSDs direkt an den Prozessor angebunden. NVMe nutzt deutlich besser als AHCI mehrere Threads eines Prozessors. Während AHCI nur eine Warteschleife mit maximal 32 Befehlen zulässt, nutzt NVMe ganze 65.535 Warteschleifen mit je 65.535 Befehlen pro Warteschleife. Es kann dadurch deutlich mehr Befehle gleichzeitig in Zusammenspiel mit mehreren Threads abarbeiten. Durch diese schnelle Arbeitsweise ist aber auch eine andere Struktur der Flash-Zellen notwendig, damit diese mit der Geschwindigkeit überhaupt umgehen können. Deshalb hat sich AHCI auch heute noch auf vielen SSDs bewährt, da günstigere Flash-Zellen so oder so nicht schneller arbeiten können.

Die Testprobanden

Um jetzt herauszufinden, welchen Vorteil die noch schnelleren SSDs haben, sofern es einen gibt, haben wir uns Testsamples besorgt. Western Digital hat uns für den Test gleich fünf Samples zukommen lassen. Seit dem Kauf von SanDisk verfügt auch der renommierte Festplatten-Hersteller über SSD-Technik. Wir haben einerseits zwei Einsteigermodelle, zwei 3D-NAND-SSDs und eine NVMe-SSD im M.2-Format zum Testen erhalten. Zur Übersicht haben wir alle technischen Daten hier zusammengefasst und noch andere, gängige Modelle ergänzt.

SSDseq lesenseq schreibenIOPS 4K lesenIOPS 4k schreibenTechnikMTBF (Mean Time Before Failure)(TBW) TeraBytes Written
WD Green 240 GB540 MB/s465 MB/s37k68k2D-NAND TLC1,75 Mio Stunden80 TB
SanDisk Ultra II 240 GB550 MB/s500 MB/s91k83k2D-NAND TLC1,75 Mio Stundenf
WD Blue 3D 500 GB560 MB/s530 MB/s95k84k3D-NAND TLC1,75 Mio Stunden200 TB
SanDisk Ultra 3D 1 TB560 MB/s530 MB/s95k84k3D-NAND TLC1,75 Mio Stunden400 TB
WD Black 512 GB2050 MB/s800 MB/s170k134k2D-NAND TLC1,75 Mio Stunden160 TB
Zum Vergleich
Samsung 960 Evo 500 GB3200 MB/s1800 MB/s330k330k3D-NAND TLC1,5 Mio Stunden200 TB
MX300 525GB M.2 525 GB530 MB/s510 MB/s92k83k3D-NAND TLC1,5 Mio Stunden160 TB
Samsung 850 Evo 250 GB540 MB/s520 MB/s97k88k3D-NAND TLC1,5 Mio Stunden75 TB
Intel 600p M.2 512 GB1775 MB/s56 MB/s128,5k128k3D-NAND TLC1,6 Mio Stunden288 TB

Der primäre Unterschied bei den SSDs ist die NAND-Technologie. Die beiden günstigsten Vertreter, die WD Green und die SanDisk Ultra II, nutzen 2D-NAND-Technologie. Interessanterweise nutzt auch die teure WD Black mit NVMe nur 2D-NAND. Bei dieser Technologie liegen die Transistoren der Flash-Zellen alle nebeneinander in einer Ebene. Beim 3D-NAND-Verfahren werden die Flash-Zellen übereinander gestapelt, was einerseits die Grundfläche verringert und andererseits die Zugriffe verschnellert. Das zeigt sich vor allem beim Konkurrenten Samsung, welcher bei der 960 Evo auf die hauseigene 3D-VNAND-Technologie setzt und dadurch deutlich schneller ist als unsere WD Black. Die WD Blue und SanDisk Ultra 3D setzen, welche wir noch zum Testen erhalten haben, setzen ebenfalls auf die Technik, die zwar teurer, aber auch zuverlässiger sein soll. So soll die SanDisk Ultra 3D mit 1 TB Kapazität bis zu 400 Terabyte an Schreibkapazität über die ganze Lebenszeit aushalten. Für Consumer-SSDs ist das ein mehr als ordentlicher Wert.

Bei den Lese- und Schreibzeiten zeigt sich der Unterschied ebenfalls. Wirklich aus dem Bild fällt allerdings nur die WD Green, welche mit 465 MB/s schreibend, 37.000 Input/Output Operations per Second lesend und 68.000 IOPS schreibend deutlich unter der Konkurrenz. Deutlich darüber liegt in diesem Fall natürlich auch die WD Black, welche 2050 MB/s lesen, 800 MB/s schreiben, lesend 170.000 IOPS und schreibend 134.000 IOPS liefert.

M.2-SSDs sind sehr kompakt und sparen dadurch Platz und Kabel. Die WD Black macht sich gut auf unserem Mainboard. (Bild: PCBC)

Wir testen – und was bringt NVMe jetzt?

Testmethodik und Testsystem

Alle unsere Tests erfolgen möglichst objektiv. Wir testen einerseits mit CrystalDiskMark 5.1.2×64 die synthetische Leistung aller SSDs. Anschließend kopieren wir verschiedene Dateien auf den SSDs und von SSD zu SSD. Anschließend laden wir die Spiele Battlefield 1, Overwatch und The Witcher 3 auf jede der SSDs, um potenzielle Ladeunterschiede im Gameplay festzustellen. Beim Rendern eines Videos werden die SSDs schließlich so weit wie möglich ausgereizt. Adobe Premiere ist dabei auf der jeweiligen SSD installiert und rendert Daten, die ebenfalls auf der SSD liegen. Zum Testen verwenden wir unser Referenzsystem, welches mit folgenden Komponenten ausgestattet ist:

KomponenteProdukt
ProzessorIntel Core i7-7700K
MainboardAsus Maximus IX Hero
ArbeitsspeicherCrucial Ballistix Elite 3000 MHz 32 GB
GrafikkarteSapphire Radeon R9 390 Nitro
SSDSamsung 850 Evo 500 GB
Netzteilbe quiet! Dark Power Pro 1000 Watt
GehäuseNZXT H440
WärmeleitpasteThermal Grizzly Kryonaut
Kühlerbe quiet! Silent Loop 360
Belüftung3x 120mm im Frontpanel
1x 140mm an der Rückwand

Lüfter: NZXT FNv2 Casefans PWM
BetriebssystemWindows 10 Home

CrystalDiskMark

Im CrystalDiskMark-Benchmark zeigen sich die rein synthetischen Unterschiede der SSDs. Die Angaben sind weitgehend so, wie sie in den Datenblättern stehen. Die NVMe-SSD zeigt sich allerdings etwas langsamer, was in diesen Hemisphären aber vernachlässigbar ist. Keine Überraschungen also in diesem Test.

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Kopiertests

Beim Kopieren entstehen dann schon deutlichere Unterschiede. Zum Testen haben wir einen Ordner mit 18 Dateien und 16,4 GB Gesamtkapazität jeweils kopiert. Der Speichercontroller der SSDs, der die schnellen Lese- und Schreiberaten ermöglicht, bringt vor allem für die 3D-NAND-Modelle Vorteile. Diese liegen auch nur geringfügig über der WD Black, welche mit 01:10:25 Minuten den besten Wert erreicht. Mit 01:16:95 Minuten liegt die SanDisk Ultra 3D direkt dahinter. Etwas schlechter schneidet die WD Blue ab, welche 01:39:71 Minuten erreicht. Die Modelle mit 2D-NAND erreichen nur 02:09:25 (SanDisk Ultra II) und 02:31:54 Minuten (WD Green). Der Zugriff auf die SSDs ist subjektiv bei keiner schneller oder langsamer.

Gaming

Kommen wir zu einem der wichtigsten Workload, zumindest für uns: dem Gaming.

Um einen möglichst gleichwertigen Zustand zu erreichen, haben wir die Spiele Battlefield 1, Overwatch und The Witcher 3 auf jeweils allen SSDs installiert und die Ladezeiten gemessen. Bereits nach den ersten drei Tests war uns klar: die Spiele nutzen nicht mal im Ansatz die Möglichkeiten der SSDs aus. Mit ca. 170 bis 200 MB/s langweilen sich sogar die Einsteiger-SSDs. Absolut keinen Vorteil bringt hier die WD Black.

Video-Workflow und Rendering

Ein weiterer für uns wichtiger Workload ist unser Video-Workflow und das Rendern unserer Videos. Besonders bei vielen Einzelaufnahmen in 4K oder größeren Dateien ist eine schnellere Ladezeit durchaus sinnvoll. Und hier liegt endlich ein Vorteil der WD Black. Mit der NVMe-SSD lassen sich die gewünschten Videodaten deutlich schneller durchsuchen und ins Arbeitsprojekt in Premiere laden. Einmal im Projekt, wirkt sich die Geschwindigkeit der SSDs jedoch wieder absolut nicht aus. Ab da arbeitet unser Referenzsystem mit 32 GB Crucial Ballistix Elite-RAM ausschließlich vom noch schnelleren Arbeitsspeicher aus. Auch beim finalen Rendern der fertigen Videodatei arbeitet Premiere nur im Arbeitsspeicher.

Fazit

Der Schritt von langsamen Magnetspeichern hin zu SSDs war ein wirkliches Novum, dass die Computerwelt verändert hat. Heute sind SSDs kaum mehr wegzudenken. NVMe-SSDs sind noch einmal um einiges schneller. Aber: was bringt eine NVMe-SSD jetzt wirklich? Die simple Antwort: in vielen Anwendungsfällen derzeit fast keinen Vorteil. Die meisten Anwendungen brauchen schlicht nicht die Menge an Daten, um wirklich einen Vorteil aus der Geschwindigkeit zu ziehen. Fürs Gaming und normale Applikationen ist der teure Speicher schlicht eine Fehlinvestition. Für Serveranwendungen wie die Verwaltung vieler Dateien oder Datenbanken und Workloads mit großen Dateimengen wie Videoediting oder CAD-Anwendungen sind die schnelleren Ladezeiten aber durchaus ein Vorteil.

Unsere Empfehlung ist daher etwas gemischt. Wer keine Programme mit vielen Dateien verwendet, die tatsächlich von der Ladezeit profitieren, beispielsweise Games, macht mit einer normalen SSD nichts falsch. Besonders die SanDisk Ultra 3D ist uns bei unseren Tests sehr positiv aufgefallen, ist aber auch etwas teurer als andere SSDs. Für Videoworkstations ist hingegen eine NVMe-SSD durchaus eine Überlegung wert. Die WD Black-SSD konnte uns allerdings durch die verhältnismäßig langsame Performance und die Verwendung von 2D-NAND statt 3D-NAND jedoch nicht wirklich überzeugen.

Sansa ist noch ganz baff über die Ergebnisse unseres Tests! (Bild: PCBC)
Über Florian Maislinger 1222 Artikel
Florian Maislinger ist Autor und Gründer von PC Builder's Club. Als gelernter IT-Engineer ist er bestens mit Computern und Hardware vertraut und seit Kindesbeinen an ein Technikliebhaber wie er im Buche steht. Er ist hauptsächlich für die News und unsere Social Media-Kanäle verantwortlich.

1 Kommentar

  1. Beim Intel-Riegel wurde beim „seq schreiben“ eine Null vergessen.
    Vergleicht man dann die Werte, sowie die Preise, mutiert der Intel 660p zum Preis/Leistungssieger.

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